Mittwoch, 27. November 2013

Es gibt hier keine Kinder...

Im Alter von 15 Jahren wurde Thomas Geve im Konzentrationslager Buchenwald befreit. Zu diesem Zeitpunkt war der jüdische Junge, der in Berlin aufwuchs, schon lange völlig auf sich allein gestellt. In Kinderzeichnungen verarbeitete er 1945 das Grauen des Lageralltags.
Thomas Geve nach seiner Befreiung 1945 [Foto: www.pianetapia.blogspot.com]
Kurz vor Beginn des Zweiten Weltkrieges war Thomas Geves Vater nach England emigriert, konnte die Familie jedoch nicht mehr nachholen. Die Mutter hatte er in Auschwitz verloren. Wie durch ein Wunder überlebte Thomas Geve im Januar 1945 den Transport im offenen Güterwagon nach Groß-Rosen und später Buchenwald.

Die Erinnerungen an diese Zeit hat Thomas Geve in 79 Zeichnungen festgehalten. Hierzu schreibt er: 

"Nach der Befreiung von Buchenwald wurde ich zu Block 29 im Hauptlager überwiesen, wo ich wohl der einzige Jugendliche und Jude unter deutschen Antifaschisten war. Dort zeichnete ich von April bis Juni meine Lebenserinnerung auf, ich wolle sie eines Tages meinen Eltern zeigen."
Desinfektion [Foto: http://www.ikv-gera.de]
Thomas Geve lebt heute in Haifa, Israel. Eine öffentliche Ausstellung seines Werkes lehnte er nach dem Krieg ab. Erst jetzt, als Pensionär, hat er den nötigen Abstand gefunden, um im Rahmen zahlreicher Reisen durch Europa über sein Werk zu sprechen. Seit 1985 befinden sich Thomas Geves Bilder in der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem. 

Vom 8. Mai bis 3. August 2014 werden originalgetreue Reproduktionen der Zeichnungen im El-De-Haus, dem NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln zu sehen sein.
Aussuchung zum Tod [Foto: http://corsowebwriting.wordpress.com/]
Thomas Geve wird der Ausstellungseröffnung am 8. Mai bewohnen. Im Rahmen der Werkschau gibt es für interessierte Jugend- und Erwachsenengruppen die Möglichkeit, sich mit ihm über die Entstehung der Zeichnungen und seinen Aufenthalt im Konzentrationslager auszutauschen.

Dr. Jörn Wendland [Kontakt] und Markus Thulin [Kontakt] sind für die Konzeption und das Begleitprogramm der Ausstellung verantwortlich.

Freitag, 22. November 2013

Salpeter aus der Atacama

1879
Chile führt Krieg gegen Bolivien und Peru
Der so genannte Salpeterkrieg - eigentlich der Nitronatrit-Krieg
Die Hauptvorkommen dieses begehrten Rohstoffes befinden sich in der der Atacamawüste
Bolivien (Film) verlor die Atacama und damit auch die Abbaugebiete
Hier liegt der Aufstieg Chiles zu einer wirtschaftlichen und militärischen Vormacht im Cono Sur, den unter dem Äquator liegenden Ländern Südamerikas, begründet.

Doch der darauffolgende Salpeterboom war nur von kurzer Dauer.
Anfang der 1930er Jahre brach der Salpetermarkt nach der Einführung der in Deutschland entwickelten Ammoniak-Synthese durch Fritz Haber und Carl Bosch zusammen.
Fritz Haber (1868-1934) [Foto: wikipedia.org]
Carl Bosch (1874-1940) [Foto: wikipedia.org]
Amoniak und Salpetersäure lassen sich also zu Ammoniumnitrat verbinden.

Ammoniumnitrat ist ein Salz, das sich aus Ammoniak und Salpetersäure bildet.

Salpeter = Natriumnitrat

Das Wort Salpeter leitet sich ab von der Salpetersäure. Salpeter ist die bekannteste stabilie Sauerstoffsäure des Stcikstoffs - eine Mineralsäure. Die Salze der Salpetersäure bestehen aus Nitraten. Eines dieser Nitrate ist das sogenannte Chilesalpeter oder Natriumnitrat.

Natriumnitrat ist das wichtigste natürlich vorkommende Nitrat. Als Mineral kommt es als Nitronatrit vor. Man kann es aus den Kristallen in den Gesteinsschichten der Atacama gewinnen. 
Kleine weiße Nitronatrit-Kristalle, bedeckt mit hellbraunen Ton [Foto: wikipedia.org]
Oder aus Vogelkot....
Quelle: http://www.spreadshirt.at

Die größten weltweiten Vorkommen der Kristalle (auch im versteinerten Vogelkot) befinden sich in Nordchile (früher Bolivien).
 
Die anhaltende Trockenheit ließ das Wasser in den Bodenschichten der Atacama in tausenden von Jahren verdunsten. Dadurch lagerten sich Kristalle an der Oberfläche ab. Es gibt keinen Regen und keine Flüsse, die das Material wegschwemmen.

Exakte Lokalisierung in den Regionen Antofagasta, Taracapá, Atacama und der Region de Arica y Parinacota
Abbau des Nitronatrits in den vier nördlichsten Regionen Chiles [Quelle: http://www.holaquetal.com/blog-hispanoamerica]
Eines der in Nordchile abgebauten Nitronatrite nennnt man Humberstonit
- zu Ehren des Chemikers James Thomas Humberstone (1850-1939). Dessen wissenschaftlichen Beiträge ermöglichten einen kostengünstigere Abbau des Nitrats aus dem Gestein der Atacama.

Nutzung
Das gewonnene Nitrat oder Salz in Verbindung mit Amoniak bildet das Ammoniaknitrat. Jenes kann man zur Herrstellung von Dünger und Sprengstoff verwenden. Der einstmals expandierende Abbau ist jedoch aufgrund der künstlichen Herrstellung fast völlig zum Erliegen gekommen. Die Humberstone-Mine (49km östlich der Stadt Iquique) ist zu einer von tausenden Touristen besuchten Geisterstädte geworden.
Ghosttown Humberstone: [http://coolinterestingstuff.com]
Ivo Serge  : Humberstone
Rost, Ruinen und Schrott,
Einsamkeit und Stille.
Flirrend im gleißenden Licht.
Verlassen, verstummt die Maschinen Die Bateas¹, durstig, verwaist,
Verwüstet und öde die Cachuchos²,
Hohlbäuchig die hungrigen Canchas³,
Gähnende Leere unter Sonne und Wind.

¹ Kristallisierpfannen
² Wannen zur Auslaugung der Salpetersalze
³ Trockenlagerplätze
 
Seit 1970 sind die verlassenen Minen nationale Monumente Chiles, seit 2005 UNESCO- Weltkulturerbe.

Dienstag, 19. November 2013

Von Handys und Flamingos

Lithiumabbau in Chile
Schmiermittel, Batterien, winzige Herzschrittmacher, Elektroautos, Hochleistungsspiegel für Großteleskope, Raumfahrzeuge, Kernfusionsreaktoren - Lihium ist vielseitig einsetzbar und mitlerweile unersetzlich für viele Bereiche unseres täglichen Lebens.
Doch wo und wie wird es abgebaut? Schädigt die Rohstoffgewinnung die Umwelt?
Weltweit gibt es nur 11 Lagerstätten für Lithium. Es kommt seltener als Natrium doch häufiger als Zinn vor. Drei der Lagerstätten sind Sole- also Salzminen. Doch dort wird fast 60% der Lithium-Weltproduktion in riesigen Verdunstungsanlagen herausgefiltert.

Überhitz Lithium, kann es zur Explosion kommen - wie hier bei diesem Handy [Foto: www.blick.ch]


Lithium ist das leichteste Metall der Erde (0,53g/cm3) und außerdem extrem leitfähig. Der begehrte Rohstoff wird seit den 1980er Jahren im immer größeren Stil in einer nahezu unbesiedelten Region der Anden, im Südwesten Boliviens und im Norden Chiles, abgebaut. Dort befinden sich in großen Salzseen die direkt an der Erdoberfläche liegende Vorkommen des Metalls.
Sowohl im "Salar de Atacama" (Chile), also auch im "Salar de Uyuni" (Bolivien) vermutet man heute die größten Lithiumvorkommen der Welt. Während die Förderung in Bolivien aufgrund der Armut des Landes und der über einen langen Zeitraum instabilen politischen Lage erst jetzt so richtig in Gang kommt, gibt es im Bereich des Aatacamasees schon viele große Abbaugebiete.
Die Karte zeigt die Lage der Atacamawüste, in der sich der Atacamasee befindet [Foto: http://www.geschichteinchronologie.ch]
Der Salar de Atacama liegt in der II. Region Chiles – 200km östlich der Hafenstadt Antofagasta. Seine Ausmaße liegen in Nord-Süd-Richtung bei 90 in Ost-West-Richtung bei ungefähr 50 Kilometer. Der Salzsee liegt auf der tiefsten Stelle eines abflussfreien Beckens (2300m über dem Meeresspiegel) begrenzt von der 4000 Meter hohen Westkordillere "Demeyko" mit dem 4200m aufragenden "Cordon Barros Arana" und dem mehr als 6000 Meter hohen Gebirgszug der Anden (Vulkane "Aguas Calientes" und "Lascar").
 
Der Cordon Barros Arana [Foto: http://www.panoramio.com]
Vulkane Aguas Calientes (5924m. li.) und Lascar [Foto: www.andes.org]
Unterhalb der 0,5 Meter dicken Salzkruste ist der Salar ähnlich wie ein poröser Schwamm aufgebaut, wobei die ausgebildeten zahllosen Hohlräume bis in einer vermuteten Tiefe von 200 Meter mit soligem Wasser gefüllt sind.

Die Lithiumvorkommen sind bislang größtenteils nicht regenierbar. Ein extrem langer Entstehungsprozess, in dem in Falle der Atacamawüste ein ganzer Ozean verdunstete und dabei Salz und Mineralien zurückließ, brachte dem Norden Chiles den neben dem Kupferabbau wichtigsten Rohstoff des Landes. Die Rohstoffe der Atacamawüste, der trockensten Wüste der Erde, sind Chiles Reichtum, Exportschlager, politisches Druckmittel und Schicksal geworden. Schon kurz nach der Staatsgründung errang das Land Ende des 19. Jahrhunderts in einem Krieg mit Bolivien und Chile die Abbaurechte der einstmals so wichtigen Salpetervorkommen. Die Abbaugebiete dieses für Dünger und Schießpulver wichtigen Rohstoffes sind heute verwaist. Lithium ist die neue Goldader der Atacama. Doch vor der staatlichen chilenischen "Sociedad Miniera Salar de Atacama" gilt das deutsche Unternehmen "Chemetall" als größter Lithiumförderer - und produzent der Welt.
Foto: http://www.chemetall.com
Zur Produktpalette des Frankfurter Unternehmens, welches Teil des US-amerikanischen Rockwood-Konzern ist, gehören 170 Produkte. Deutsche Wissenschaftler sind es auch, die den Lithiumanteil im bolivianischen Salar de Uyuni messen und neue Methoden entwickeln, den wertvollen Rohstoff zum Beispiel durch das Recycling von Batterien, nicht mehr alleine aus den Soleminen zu gewinnen.
Umweltprobleme
Für die Erzeugung von Lithium wird die Salzlake (Grundwasser mit einem hohen Mineralanteil) aus dem Boden in Teiche zum Verdunsten gepumpt. Durch zahlreiche Verdunstungsschritte kann das Lithium-Karbonat weiterverarbeitet werden. 
Der Lihium-Abbau stellt eine große Umweltbelastung dar [Foto: http://www.reduse.org/de/blog/lithium-gewinnung]
Der Lithium-Abbau führt in den Abbaugebieten zu einer Verringerung der ohnehin schon knappen Wasservorräte, da im Rahmen der Produktion Wasser verdunstet wird. Gerätschaft und Transportmittel verursachen eine beträchtliche Umweltverschmutzung. Als letzte Konsequenz führt die Ausweitung der Abbaugebiete zum Aussterben der heimischen Pflanzen- und Tierarten (Flamingos brüten hier) sowie der Versorgungsgrundlage der Ureinwohner (oft Salzgewinnung). Der folgende Film zeigt am Beispiel Boliviens eindrücklich, wie die Salzproduktion am Salar de Uyuni das uralte Gleichgewicht zwischen Natur und Mensch in Gefahr bringt:

„Bolivien im Lithium –Rausch“

Mittwoch, 13. November 2013

Die Schätze der Atacama

Bergbau in der trockensten Wüste der Erde 


Chilenische Minen decken ein Drittel des globalen Kupferbedarfs. Und auch sonst ist der Andenstaat in Bezug auf seine Rohstoffvorkommen ein Land der Superlative. Das größte Kupferbergwerk der Welt in Chuquicamata (Atacamawüste) kann man vom Weltraum aus erkennen. Und die Rettung von 33 verschütteten Bergarbeitern der Gold- und Kupfermine San José war ein globales Medienspektakel....
Lithiumabbau im Salar de Atacama
 Kupfer, Lithium und Salpeter haben Peruaner, Chilenen und Bolivianer unermeßlich reich oder bettelarm gemacht. Der Krieg "ums weiße Gold" Salpeter, obwohl vor über 130 Jahren ausgefochten, beschäftigt heute sogar Hollywood-Schauspieler Sean Penn.

Ein Vortrag mit anschließender Diskussion in der Volkshochschule Bonn. Der Eintritt ist frei. 

25. November 
18:00-19:30 Uhr

Für die Anmeldung bitte auf folgenden Link klicken:

Mittwoch, 6. November 2013

Kabale und Liebe - Das Publikumsgespräch

Im Anschluss an jede Aufführung von Kabale und Liebe gibt es ein Publikumsgespräch mit den Zuhörern. Nicht selten nehmen 180 Schüler daran teil.
Regisseur Christoph Wehr leitet das Gespräch von der Bühne aus
Der Darsteller des "Wurm", OliverSchnelker, im Gespräch mit Schülern
Ferdinand von Walter, dargestellt von Benedikt Hahn
Die Herausforderung ist es, eine solch große Anzahl von Schülern in das Gespräch, besser noch die Diskussion, einzubinden. Nach einer kurzen Pause im Anschluss an die Aufführung mischen sich die Darsteller unter das Publikum. So können sie die Kritik, die Fragen oder das Lob der Zuschauer an Regisseur Christoph Wehr auf der Bühne weitergeben. Viele der Fragen befassen sich mit der Kleidung der Darsteller, der Charakter- zeichnung der Hauptprotagonisten Luise und Ferdinand sowie der Rolle des Sekretärs Wurm: Warum sieht Luise so punkig aus? Wieso korrigiert Sekretär Wurm immer wieder die Aussagen der anderen Schauspieler? Ist es beabsichtigt, dass Ferdinand "unsympathisch rüberkommt"?
Das Publikumsgespräch dient den Schülern zur Klärung ihrer Fragen, dem Team von DRAMA-TISCH zur Weiterentwicklung der Inszenierung. 
Beim Gespräch im Anschluss an die Aufführung am Städtischen Gymnasium Köln Deutz (06.11.2013) kam die Frage auf, ob die Schüler die Ergebnisse der Diskussion nicht auch schriftlich fixieren sollten, um die gewonnenen Erkenntnisse besser in den Literaturunterricht übertragen zu können.

Fotos: M. Thulin