Montag, 24. August 2015

Blumen aus Afrika


Syrische Familie in einem Kölner Flüchtlingsheim [Foto: ksta.de]
Til Schweiger, 51, schreibt für seine Filme das Drehbuch, führt Regie und produziert. Aus der SPD trat er aus, als die das Urheberrecht zugunsten der Produzenten änderte. Trotzdem ist er seit kurzem mit Sigmar Gabriel von der SPD befreundet. Deutschlands erfolgreichster Filmemacher möchte auf dem Gelände der ehemaligen Rommel-Kaserne in Osterode (Harz) ein Flüchtlingsheim einrichten. Der Vizekanzler unterstützt ihn, genauso wie Jogi Löw und Thomas D. 

Während gefühlt alle deutschen Berühmtheiten in den letzten Wochen die Aufnahme von Flüchtlingen verteidigten -  von Sky Dumont bis Farin Urlaub ausschließlich Kritik am neuen rassistischen Terror des rechtsradikalen Mobs vor den Unterkunften der Flüchtlinge zuhören war - blieb es in den meisten Kölner Nachbarschaften ungewöhnlich ruhig. Es gibt zwar die täglichen Berichte in der Presse. Außerdem wird auf dem Parkplatz des Aqualands in Chorweiler eine Zeltstadt gebaut, die jedoch „bis zum 31. Januar spätestens“ wieder abgebaut werden soll...
Aufbau der Zeltstadt für Flüchtlinge auf dem Parkplatz des Aqualandes in Köln Chorweiler [Foto: ksta.de]

... Doch Chorweiler liegt weit weg vom Dom. Dort hatte man zwar den dicken Pitter während der Nacht der 23.000 Glockschläge erklingen lassen, die größte freischwingende Glocke, die man bisher (außerplanmäßig) nur für den Papst oder Willy Millowitsch in Betrieb genommen hatte - ...



... aber Flüchtlingslager sieht man in der Altstadt nicht. Und wer trifft schon einen Flüchtling beim Freitag-nachmittags-Einkauf im REWE?

Um sie zu Gesicht zu bekommen, müsste man schon bei den Flüchtlingsheimen in Nippes oder Chorweiler anfragen, sich beim Kölner Flüchtlingszentrum „Fliehkraft“  melden – also Interesse bekunden, und damit zeigen, dass man handeln, helfen möchte.



Aber wer will schon handeln? Befristete Arbeitsverträge, Strompreiserhöhungen und Sommerurlaub haben in den letzten Wochen wenig Raum fürs soziale Engagement gelassen. Und mal ehrlich - wer von uns will schon im REWE vom Flüchtlings-Kumpel angesprochen werden? Man hat ohnehin keine Zeit. Die Rechnungen der letzten zwei Monaten liegen zu Hause auf dem unaufgeräumten Schreibtisch, die Kinder müssen noch gebadet und die nächste Party organisiert werden.

Es gibt jedoch Leute in der Nachbarschaft, die haben schon einmal etwas für Flüchtlinge gemacht. Das Kölner Hotel Mado ist seit Monaten zu 100% ausgebucht. Die Eigentümer haben ihre Vier-Sterne-Einrichtung am 7. Oktober 2014 Flüchtlingen geöffnet. Viele der oft noch sehr jungen Menschen kommen aus Eritrea.



In Eitrea ist vor 25 Jahren, nach einem jahrzehntelangen Unabhänigkeitskampf gegen Äthiopien, ein selbstständiger Staat mit einer formal demokratischen Regierung entstanden. Es herrscht jedoch eine extrem repressive Diktatur, die das eigene Volk terrorisiert. Tausende Menschen sind schon aus dem Land geflohen. 


Und jetzt könnte man, genauso wie die Familie Wendland, sich bei den Eigentümern des Hotels Mado melden und den eigenen Geburtstag mit Gästen aus Eritrea feiern:



Der Nazi-Abschaum, der sich in Heidenau Straßenschlachten mit der Polizei lieferte, hat nicht aus der Geschichte gelernt. Dann wüsste er, dass Rassismus nicht nur der Verlust des Menschseins überhaupt bedeutet, sondern dass es immer eine Bewegung von Arm zu Reich gab und geben wird. Und damit unterstütze ich nicht das ekelhaft ausgeschlachtete Märchen von der „Wohlstandsflucht“, sondern sehe nur die Konsequenz aus der Tatsache, dass jeder ein Recht hat, sein Land zu verlassen um dahin zu gehen, wo die die sogenannte Dritte Welt oder die Wirtschaftskrise auf dem Balkan begründet und am Leben erhalten wird, in die Länder der nördlichen Hemisphäre. Wir alle profitieren von der Armut der Anderen. Terror und Mord ist der dringendste, jedoch nicht der wichtigste Grund, das Heimatland zu verlassen.


So werden zum Beispiel Millionen von Blumen von Afrika nach Deutschland geflogen und billig verkauft, erwirtschaftet durch die Hungerlöhne für Arbeitskräfte auf riesigen Plantagen. Jeder Flüchtling ist eine Bereicherung und eine Pflicht für uns. Es sollte unsere einzige Aufgabe sein, diese Menschen besser zu behandeln als unser Kontinent und unsere Firmen ihre Heimatländer.

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