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Syrische Familie in einem Kölner Flüchtlingsheim [Foto: ksta.de] |
Während gefühlt alle deutschen Berühmtheiten in den letzten
Wochen die Aufnahme von Flüchtlingen verteidigten - von Sky Dumont bis Farin Urlaub ausschließlich
Kritik am neuen rassistischen Terror des rechtsradikalen Mobs vor den
Unterkunften der Flüchtlinge zuhören war - blieb es in den meisten Kölner Nachbarschaften
ungewöhnlich ruhig. Es gibt zwar die täglichen Berichte in der Presse. Außerdem
wird auf dem Parkplatz des Aqualands in Chorweiler eine Zeltstadt gebaut, die
jedoch „bis zum 31. Januar spätestens“ wieder abgebaut werden soll...
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Aufbau der Zeltstadt für Flüchtlinge auf dem Parkplatz des Aqualandes in Köln Chorweiler [Foto: ksta.de] |
... Doch Chorweiler liegt weit weg vom Dom. Dort hatte man
zwar den dicken Pitter während der Nacht der 23.000 Glockschläge erklingen
lassen, die größte freischwingende Glocke, die man bisher (außerplanmäßig)
nur für den Papst oder Willy Millowitsch in Betrieb genommen hatte - ...
... aber Flüchtlingslager sieht man in der Altstadt nicht. Und
wer trifft schon einen Flüchtling beim Freitag-nachmittags-Einkauf im REWE?
Um sie zu Gesicht zu bekommen, müsste man schon bei den
Flüchtlingsheimen in Nippes oder Chorweiler anfragen, sich beim Kölner
Flüchtlingszentrum „Fliehkraft“ melden –
also Interesse bekunden, und damit zeigen, dass man handeln, helfen möchte.
Aber wer will schon handeln? Befristete Arbeitsverträge,
Strompreiserhöhungen und Sommerurlaub haben in den letzten Wochen wenig Raum
fürs soziale Engagement gelassen. Und mal ehrlich - wer von uns will schon im
REWE vom Flüchtlings-Kumpel angesprochen werden? Man hat ohnehin keine Zeit. Die
Rechnungen der letzten zwei Monaten liegen zu Hause auf dem unaufgeräumten
Schreibtisch, die Kinder müssen noch gebadet und die nächste Party organisiert
werden.
Es gibt jedoch Leute in der Nachbarschaft, die haben schon
einmal etwas für Flüchtlinge gemacht. Das Kölner Hotel Mado ist seit Monaten zu
100% ausgebucht. Die Eigentümer haben ihre Vier-Sterne-Einrichtung am 7.
Oktober 2014 Flüchtlingen geöffnet. Viele der oft noch sehr jungen Menschen
kommen aus Eritrea.
In Eitrea ist vor 25 Jahren, nach einem jahrzehntelangen Unabhänigkeitskampf
gegen Äthiopien, ein selbstständiger Staat mit einer formal demokratischen
Regierung entstanden. Es herrscht jedoch eine extrem repressive Diktatur, die
das eigene Volk terrorisiert. Tausende Menschen sind schon aus dem Land
geflohen.
Und jetzt könnte man, genauso wie die Familie Wendland, sich
bei den Eigentümern des Hotels Mado melden und den eigenen Geburtstag mit
Gästen aus Eritrea feiern:
Der Nazi-Abschaum, der sich in Heidenau Straßenschlachten mit
der Polizei lieferte, hat nicht aus der Geschichte gelernt. Dann wüsste er, dass
Rassismus nicht nur der Verlust des Menschseins überhaupt bedeutet, sondern dass
es immer eine Bewegung von Arm zu Reich gab und geben wird. Und damit
unterstütze ich nicht das ekelhaft ausgeschlachtete Märchen von der „Wohlstandsflucht“,
sondern sehe nur die Konsequenz aus der Tatsache, dass jeder ein Recht hat,
sein Land zu verlassen um dahin zu gehen, wo die die sogenannte Dritte Welt oder
die Wirtschaftskrise auf dem Balkan begründet und am Leben erhalten wird, in
die Länder der nördlichen Hemisphäre. Wir alle profitieren von der Armut der
Anderen. Terror und Mord ist der dringendste, jedoch nicht der wichtigste
Grund, das Heimatland zu verlassen.
So werden zum Beispiel Millionen von Blumen von Afrika nach
Deutschland geflogen und billig verkauft, erwirtschaftet durch die Hungerlöhne für
Arbeitskräfte auf riesigen Plantagen. Jeder Flüchtling ist eine Bereicherung
und eine Pflicht für uns. Es sollte unsere einzige Aufgabe sein, diese Menschen
besser zu behandeln als unser Kontinent und unsere Firmen ihre Heimatländer.
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