Dienstag, 26. Februar 2013

Der Vopelius-Globus

Von Himmelskugeln und Astrolabien -  wie der Kölner Mathematiker, Astronom und Kartograph Caspar Vopelius das himmlische Abbild der Berenike wiederentdeckte
Caspar Vopelius (1511-1561) betrachtet die Sterne mit einem Astrolabium, Foto: hna.de
Im Jahr 1526 ging ein junger Sauerländer mit dem Nachnamen Vopel oder Vöppel zum Studieren in die Landeshauptstadt Köln. Als Mathematiklehrer am Kölner Montanusgymnasium gelangte er zu Weltruhm, jedoch nicht für seine Lehre. Herrn Vopel, der seine Namen stilgerecht latinisierte, gelang es, den Himmel und die Erde genauer als seine Vorbilder auf einer Kugel abzubilden.
Vopelius Landesherr, der Kölner Erzbischof, war im beginnenden 16. Jahrhundert nicht nur Kirchenoberhaupt, sondern auch ein mächtiger Landesherr im Staatenbund des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Zwar durfte er sich nicht mehr in Köln aufhalten, seine Kirche wachte jedoch noch immer über die hiesige Universität. Derren Ruf hatte vor der Reformation stark gelitten. Aufgrund der Dunkelmännerbriefe lachte das ganze Land über die Professoren, hatten sie doch den in Köln zum Christentum konvertierten Juden Johannes Pfefferkorn (1469-1521), der eigentlich Metzger von Beruf war, bei der Herausgabe gleichsam unwissenschaftlicher wie hetzerischer Schriften mit Titeln wie "Judenbeicht" (1508) und "Judenfeind" (1509) unterstützt.

Die Kölner Universität war 1388 gegründet worde. Damit war sie die viertälteste Einrichtung dieser Art in Deutschland. Das hohe Niveau der wissenschaftlichen Forschung der Aufklärung brachte neue Erkenntnisse in allen Bereichen der Naturwissenschaften hervor. Die mit Zeitgenossen wie Vopelius beginnende Renaissance ihrer mittelalterlichen Blüte sollte erst mit der Auflösung im Trubel der französischen Revolution beendet werden. 
  
Vopelius legte eine Blitzkarriere hin. Nach nur drei Jahren Studienzeit bestand er 1529 sein Magisterexamen in der Mathematik. Ein Studium an der Universität Köln war damals völlig anders aufgebaut als heute. Während die Studenten unserer Tage von einem Schein zum nächsten hetzen und überlegen, wie sie Auslandspraktika und Studentenparties in ihren Alltag integrieren können, musste Herr Vopel schon in den letzen beiden Jahren des sauerländischen Gymnasiums das Grundstudium der Mathematik absolvieren. Mit dem Studium der septem artes liberales verpflichtete er sich, Tag und Nacht Formeln und Gleichungen zu lernen. Köln verließ er dabei nicht und über durchzechte Nächte ist auch nichts bekannt.
Vopelius blieb bei der Mathematik, schloss sich während der Wirren der Reformation in seiner karthographischen Arbeitsstube ein und entwarf unter anderem Erd- und Himmelsgloben, von denen noch heute zwei im Kölnischen Stadtmuseum zu bewundern sind.
"Vopel Globe", Foto: http://www.gutenberg.org/files/39866/39866-h/39866-h.htm#f56
Auf dem Foto kann man erkennen, dass Amerika dem Erkenntnisstand Vopelius folgend (1543) mit der Landmasse Asiens verbunden war und demnach (noch) nicht existierte.

Im Jahr 1532 führte Vopelius zwei neue Sternenbilder ein: "Haar de Berenike" und "Antinoos". Antinoos ist benannt nach der legendäre Gestalt eines zu Beginn der Spätantike den Reisekaiser Hadrian (76-138 n.Chr.) als Günstling und Geliebten begleitenden griechischen Knaben; Haar de Berenike ist ein Sternbild zwischen Löwe und Bärenhüter und war schon in mehreren antiken Kommentaren erwähnt worden Konos von Sanos (280-220 v.Chr.), der als Mathematiker und Astronom am Hof Ptolemaios III. lebte, hatte es nach der Pharaonin Berenike II. benannt. Sowohl das Sternbild des Antinoos als auch das der Berenike waren mit dem Ende der Spätantike aus dem kollektiven Gedächtnis der Menschen Westeuropas verschwunden. Vopelius gelang es, durch das Studium antiker Schriften und genaue Messungen, das Himmelszelt so exakt wie nie zuvor auf seinen Globen abzubilden. 

Die genauen Berechnungen gelangen ihm in erster Linie durch die Weiterentwicklung der Armillarsphäre zu dem Multifuntionsinstrument Astrolabium. Im Kölner Stadtmuseum ist ein Astrolabium des Genimae Frisii aus Löwen (heutiges Belgien) ausgestellt. Mit diesem Instrument konnten die Astronomen der Renaissance Sternenkonstellationen berechnen, die genaue Uhrzeit angeben, den Breitengrad berechnen und die menschlichen Irrungen und Wirrungen durch Sternenkonstellationen vorhersagen - Letzteres war das eigentliche Hauptgeschäft der Astronomen. Viele Zeitgenossen des Volperius vetrauten zumeist blind den Ratschlägen ihrer Astronomen. Karl der Kühne (1433-1477) soll sogar eine Schlacht nur aufgrund der negativen Prognosen der Sternenkonstellation abgesagt haben.

An dieser Stelle sei noch zu erwähnen, dass das Kölnische Stadtmuseum auch zwei Globen des Vincenzo Maria Coronelli (Venedig 1650-1718) aufbewahrt. Der Erd- und der Himmelsglobus haben je einen Meter Durchmesser. Die Stadt Köln bedankte sich damals mit 1000 Reichstalern bei dem Zulieferer. Heute ist jedes Exemplar fünf Millionen Euro wert. 
Südostasien auf einer Karte Coronellis, Foto: http://www.bergbook.com
Ein Globus des Caspar Vopelius ist eigentlich unbezahlbar. Nur noch drei der Erdgloben sind weltweit registriert. Er gibt Aufschluss über Realität, Spinnerei und Vision der damaligen Wissenschaft. 50 Jahre nach der (Neu)Entdeckung Amerikas hatte der Kölner Mathematiklehrer versucht, die damals bekannte Welt auf einer Kugel darzustellen. Mit dabei auch eine unbekannte aber vermutete Terra australis incognita.

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