Montag, 19. November 2012

Barack O-Burma

Welches Land hat Barack Obama nun eigentlich besucht? Birma, Burma oder Myanmar? Offiziell heißt das Land seit 1989 "Republik der Union Myanmar". Dabei beziehen sich alle drei Namen auf alte Bezeichnungen für das Volk der "Bamar", die zwischen 60 und 69% der Bevölkerung stellen.  Genaue Daten gibt es nicht, hat sich das Land doch bis 2011 in einer fast 50 Jahre andauernden Isolation befunden.
Foto: AP
Myanmar ist der größte Staat Festlandsüdostasiens, der mit 678.000 km2 etwa doppelt so groß wie Deutschland ist. Aufgrund von über 100 Sprachen und sieben großen Bevölkerungsgruppen gehört das 54 Millionen Einwohner zählende Land zu den ethnisch heterogensten der Welt. Wie überall auf der Welt hat der Zweite Weltkrieg auch Birma grundlegend verändert. Die englischen Kolonialherren (1885-1948) hatten durch willkürliche Grenzziehungen und die Bevorzugung bestimmter Volksgruppen eine gefährliche Stimmung aus Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit in dem Land geschürt. Nach ihrem Abzug begann ein blutiger Bürgerkrieg, der 1962 durch die Errichtung einer Militärdiktatur in eine Phase der rücksichtslosen Unterdrückung aller Freiheitsbestrebungen überging.  
Im März 2011 begann der politische Umschwung. Vor allem der Rücktritt des Militärjunta-Chefs Than Shwe und die Wahl Thein Seins zum Staatspräsidenten, übrigens auch ein Ex-General, führten zur Anerkennung von Gewerkschaften und Parteien, die nun endlich den Kampf im Untergrund aufgeben und den demokratischen Wettbewerb um die Macht beginnen konnten. Berühmteste Oppositionführerin ist Aung San Suu Kyi, deren Vater schon ein berühmter Politiker und militärischer Anführer gewesen war. Unter General Than Shwe waren grundlegende politische Reformen und ein Dialog mit Aung San Suu Kyi jedoch schlichtweg unmöglich. Angeblich soll der Diktator die Friedensnobelpreisträgerin so sehr gehasst haben, dass in seiner Anwesenheit nicht einmal ihr Name genannt werden durfte.
Und warum besucht Barack Obama Myanmar? Er will diesen ungeschliffenen Diamanten nicht den Chinesen überlassen, die dort traditionell viel Einfluss ausüben. Einige Journalisten sprechen von der "Kolonialmacht", wenn sie über das Auftreten der chinesischen Investoren berichten. Die US-Amerikaner verfolgen jedoch seit einem Jahr eine neue außenpolitische Strategie. Asien hat nun Vorrang vor dem Nahen Osten. 
Foto: Aung San Suu Kyi und Barack Obama, 19.11.2012 (google.de)
In Gaza eskaliert die Gewalt, doch Präsident Obama trifft sich heute mit allen wichtigen Vertretern des neuen Ziehkindes Myanmar, dass sich bald zu Taiwan, Südkorea und den Philippinen in das US-amerikanische Freilaufgehege begeben soll. Und dabei geht es nicht allein um Öl und Gas.
Mehr als ein Dutzend Firmen sind ihrem frisch wiedergewählten Schutzherrn schon vorausgeeilt: Mastercard und Visa wollen den Myanmarern bald die Vorzüge der Kreditkarte näher bringen. General Electric hofft auf große Stromaufträge. Und Coca-Cola verhandelt gerade über die Eröffnung von mindestens einem Werk. 
Doch noch schneller am Start sind japanische, thailändische und andere asiatische Unternehmen. Mitsubishi, Mitsui und Sumitomo bauen bereits ihre Präsenzen in Rangun, der größten Stadt des Landes, aus. Und dann ist da ja auch noch China. Die Volksrepublik betrachtet Obamas neuen Schützling noch immer als eines der Staatenkinder, die traditionell nur im chinesischen Hinterhof spielen dürfen. 2015, wenn Aung San Suu Kyi aller Vorraussicht nach die Präsidentschaftswahlen gewinnen wird, könnte sich auch der Streit um das Sorgerecht geklärt haben.
Dabei bleibt Burma ein Pulverfass. Das Land ist ärmer als Haiti. Immer wieder entlädt sich die soziale Not in blutigen Konflikten. Bei dem jüngsten Konflikt zwischen buddhistischen und muslimischen Einwohnern im Westen des Landes starben mehr als 80 Menschen, tausende von Häusern wurden in Brand gesteckt. Noch besitzt nur 1% der Bevölkerung einen Internetanschluss. Es wird sich zeigen, ob die westlichen Ideen von Freiheit und Selbstbestimmung in Myanmar mit friedlichen Mitteln umgesetzt werden.
Foto: Nach 15 Jahren hob die Militärjunta 2010 den Hausarrest für die Oppositionführerin auf (google.de)

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